Warum ist der Walk-Modus nicht zum Walken, welche Vor- und Nachteile bieten die verschiedenen Bindungssysteme und wie findet man sich in der Bandbreite an speziellen Softboot-Bindungen für Splitboards zurecht? Um mehr über die Unterschiede der Systeme zu erfahren haben wir einen gefragt, der sich seit rund 20 Jahren so viel mit Splitboards auseinandersetzt wie kein anderer: Simon Graf von Splitboards Europe.
Simon, würdest du Dich bitte kurz vorstellen?
Ich bin Skitourenführer und Inhaber von Splitboards Europe. Ich habe den Vertrieb der Splitboards in Europa maßgeblich begleitet und geprägt. Seit über 20 Jahren lebe ich von und für Splitboards. Zum einen verkaufe ich das Material, das unseren Produkttest bestanden hat, zum anderen führe ich mit meinem Team jede Saison über 400 Gäste an unseren schönen Wintersport heran. Daher nennt man mich seit ein paar Jahren kurz und knapp: mr.splitboards.
Also gibst Du normalerweise Dein Wissen bei Camps und Reisen weiter, was ja im letzten Winter 20/21 nicht möglich war, hattest Du daher die Motivation, die Bindungssysteme grafisch darzustellen?
Gewissermaßen. Ich höre und schaue schon sehr lange zu, wie die Splitboards und Bindungen am Berg in allen Bedingungen und bei allen Ansprüchen verschiedener Snowboarder/innen funktionieren – und bin auch teilweise bei der Entwicklung beteiligt. Meinen Überblick setze ich zusammen aus den vielen praktischen Erfahrungen mit verschiedenen Gästen am Berg. Die Quintessenz seht Ihr im Tech Tutorial unten.
Bevor wir zu den verschiedenen Systemen kommen, erläutere bitte kurz Deine Aussage: der Walk-Modus ist nicht zum Walken.
Heutige Splitboardbindungen haben eine Funktion, welche oft für Verwirrung sorgt, ja sogar den Aufstieg maßgeblich verschlechtern kann. Bei allen modernen Splitboardbindungen kann der Highback wahlweise in den Ride-Modus oder in den Walk-Modus bzw. negativen Winkel gestellt werden. Im Walk-Modus ist der Highback also nach hinten abgewinkelt, wodurch der Softboot nicht mehr anliegt. Ein Großteil unsere Kunden aktiviert diesen Walk-Modus inzwischen am Parkplatz vor jedem Aufstieg – heißt ja auch Walk-Modus.
„Ist der Highback im Walk-Modus, verliert der Boot-Schaft die wichtigste Verbindung zum Splitboardski.“
Das macht aber aus zwei Gründen keinen Sinn. Erstens: Snowboard Softboots sind ab Werk nach vorn sehr beweglich. Der Schaft lässt sich hingegen NICHT nach hinten, also negativ bewegen! Klar, er soll ja beim Backside Turn Stabilität bieten.
Was aber bei dem Highback im Walk-Modus passiert ist, dass man nun die wichtigste Verbindung vom Boot zum Splitboardski verliert. Der Schaft liegt nicht mehr am Highback an. Der Boot überträgt die Kraft nur noch über Toe und Ankle Strap und das ist deutlich zu wenig für guten Kantenhalt.
Zweitens: Der Boot hat
viel Spiel und scheuert unnötig am Heelcup (Bügel um die Ferse) bzw. an der
Bindung. Wir haben Kunden, deren Boots nach 10 Touren deshalb zerstört sind.
Der Walk-Modus mag bedingt funktionieren, wenn man mal ein flaches Tal rausläuft
– also in den seltensten Fällen.
Wo er aber garantiert Probleme macht, ist sobald es steiler wird und/oder man traversieren muss. Spätestens im Spitzkehren-Hang hat man Null Kontrolle über die Splitboardhälften, wenn Boot-Schaft und Highback nicht anliegen wie im Ride Modus.
Also: Reduziert nicht selber Eure Kraftübertragung und den Kantenhalt beim Aufstieg durch den Walk-Modus, sondern lasst den Highback einfach immer im Ride-Winkel. Dann habt Ihr auch automatisch einen Handgriff gespart. Für die extra gute Verbindung von Highback und Boot-Schaft gibt es sogar den Third-Strap.
Danke für den Tipp. Jetzt zu den Vor- und Nachteilen der Bindungssysteme. Wie kann man die Systeme grundsätzlich unterscheiden?
Am Anfang waren die Pucks. Bereits im Winter 1999/2000 konnte man sein Splitboard mit einer normalen Softboot Bindung auf Voilé Pucks basierend ausstatten. Der Nachteil war damals das Gewicht. Eine Sliderplatte vom Voilé System und eine handelsübliche Softbootbindung wogen ca. 1,2 kg pro Fuß! Zum Vergleich: Aktuelle Splitboard Bindungen wie die Voilé Light Speed wiegt 750 g pro Fuß und eine Spark ARC Pro 560 g. Aber die grundlegende Funktion ist exakt dieselbe wir vor über 20 Jahren. Daher kann man grundsätzlich unterscheiden zwischen den puckbasierten Bindungen wie eben Voilé oder Spark und denen mit einer eigenen mechanischen Aufnahme, wie ihr nachfolgend sehen könnt.
Den kompletten Vergleich findet Ihr auf powderguide.com
Video zum Tech Tutorial: